Männer als Opfer
„Männer als Opfer“ scheint in sich schon ein Widerspruch zu sein, dabei wird die Realität, dass Jungen und Männer in hohem Maße Opfererfahrungen machen, ausgeblendet.
Jungen und Männer werden eher mit dem Attribut „Täter“ verbunden. So erleben männliche Jugendliche in der Gruppe der Gleichaltrigen häufig Gewalt, ohne dass sie sich selbst als Opfer bezeichnen würden. Opfer zu sein, entspricht nicht dem männlichen Selbstbild.
Jungen und Männern fällt es häufig schwer, sich selbst als Opfer von Gewalt oder von Grenzüberschreitungen gegen sich zu sehen. Oft stehen im Vordergrund Gefühle wie Scham oder die Angst, nicht ernst genommen zu werden, als „unmännlich“ zu gelten.
Die Filmreihe zeigt Jungen und Männer mit sehr unterschiedlichen Opfererfahrungen und das Publikum begleitet die Hauptfiguren in ihrem Umgang damit. Die Radikalität, die Unterschiedlichkeit ist manchmal verstörend, manchmal erschreckend und doch tief berührend.
Nach jedem Film möchten wir uns für ca. 20 Minuten unter Anleitung von Sebastian Aperdannier austauschen und unterschiedliche Aspekte des Filmes zusammentragen. Wie in den letzten Jahren richtet sich die Einladung ausdrücklich an Männer und Frauen.
Härte – von Rosa von Praunheim, D 2015 – Montag, 5. Oktober 2020, 20:00 Uhr – cinema ms – 90 Minuten
Als Andreas Marquardt noch Kind war, wurde er vom Vater mit kaltem Wasser übergossen und auf den Balkon gestellt. Ein anderes Mal zerquetschte er ihm die Hand, bis die Knochen brachen. Die Mutter begann, den Sohn über viele Jahre sexuell zu missbrauchen, und formulierte ihren jahrelangen Besitzanspruch in dem Satz: „Dein Schwanz gehört mir.“ Eine Kindheitshölle also. Rosa von Praunheim verfilmt in semidokumentarischem Stil die wahre Geschichte des Andreas Marquart, der einer der brutalsten Schläger und Zuhälter Berlins wird. Einer, der sein „Hassprogramm gegen Frauen“ fährt, der sich mit Härte panzert und schließlich für acht Jahre im Knast landet, bevor er wieder aufersteht, sich therapeutisch seinen Traumata stellt und heute, als ehemaliger Karateweltmeister, Kinder und Jugendliche trainiert, um sie stark und selbstbewusst zu machen gegen Übergrifflichkeiten jeglicher Art.
Atlas – von David Nawrath, D 2018 – Montag, 9. November 2020, 20:00 Uhr – 100 Minuten
Eigentlich ist es für Möbelpacker Walter Scholl ein Job wie jeder andere, als er mit seinen Kollegen anrückt, um eine Wohnung in einem Altbau zwangs zu räumen. Unter all seinen Kollegen ist Walter trotz der Schmerzen, die ihm dieser Knochenjob bereitet, der loyalste Mitarbeiter. Sein Chef Roland Grone hat sich nämlich auf einen Deal mit einem dubiosen arabischen Klan eingelassen: Er kauft Häuser mit dem Geld der Afsaris, vertreibt die Mieter – notfalls auch mit Gewalt –, und verkauft die leeren Häuser dann weiter. Doch bei einem Auftrag, bei dem sich einer der letzten Mieter weigert, auszuziehen, meint der 60-jährige ehemalige Gewichtheber Walter plötzlich seinen Sohn Jan wiederzuerkennen, den er vor vielen Jahren im Stich gelassen hat. Nun will er seine Fehler von damals wiedergutmachen und seinen Sohn und dessen Familie vor der zunehmenden Gewaltandrohung des Klans schützen, auch auf die Gefahr hin, Leib und Leben zu riskieren.
Bildnachweis: Herbert_pixelio.de